Ein Contax 137 MD Quartz Test / Review
Contax – der Leitz Gegner
Die Ursprünge des Namen Contax* reichen zurück bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Nachdem Oskar Barnack für Leitz bereits seit etwa 1913 an einer 35mm Kamera arbeitete, die dann unter dem Namen Leica 1925 auf den Markt kam, wollte auch der große Konkurrent Zeiss Ikon eine solche Kamera produzieren.
Doch es sollte bis zum Jahr 1932 dauern, bis Zeiss Ikon eine Messsucherkamera vorstellte, die es mit der Leica aufnehmen konnte. Anders als Leitz wollte Zeiss Ikon, dass ihr Topmodell, anders als die restlichen Fotoapparate, einen speziellen Namen trägt: Contax.
Dem ersten Modell, einfach nur “Contax” genannt, sieht man heute zwar das Alter an, jedoch beherbergte die Kamera schon vieles von dem, was auch beispielsweise in einer Leica M6 steckt. (Zum Leica M6 Artikel)
Entwicklung der ersten SLR
In Abgrenzung zu den späteren Modellen, erhielt die ursprüngliche Contax im Nachhinein inoffiziell auch die Bezeichnung Contax I. Noch vor dem 2. Weltkrieg begannen bei Zeiss Ikon Arbeiten an einer Spiegelreflexkamera auf Basis des Nachfolgers der Contax, Contax II genannt.
Durch den einsetzenden Krieg wurde die Entwicklung eingefroren, auch wenn Gerüchten zufolge in Mittagspausen und der Freizeit weiter an der Kamera gearbeitet wurde. Ob das stimmt, sei dahingestellt. Jedoch überlebte wahrscheinlich keine der Prototypenkameras die Wirren des Krieges.
Carl Zeiss wird geteilt
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges beanspruchte die UdSSR die Kontrolle über ihren, nach Kriegsende zugeteilten, Sektor, der späteren DDR.
Jedoch waren die amerikanischen Truppen bereits weit in diesen Bereich Deutschlands vorgedrungen und bei ihrem Abzug wurden über 100 wichtige Fachkräfte der Zeiss Ikon mit in den amerikanischen Sektor genommen.
Die USA wussten, wie wichtig solche hochspezialisierten Facharbeiter waren. Diese wurden in ein kleines Städtchen nahe Schwäbisch Gmünd umgesiedelt. Dort, in Oberkochen, wurde dann ein neues Werk für optische Geräte mit dem schönen Namen “Opton Optische Werke Oberkochen GmbH” aus dem Boden gestampft.
Unterdessen wurde die ehemalige Zeiss Ikon im Rahmen der DDR verstaatlicht und firmierte ab 1965 unter dem Namen “Volkseigener Betrieb (VEB) Carl Zeiss Jena”.
Bullauge
Im Osten forcierte der VEB Carl Zeiss Jena rasch die Entwicklung einer SLR, während man sich im Westen bei Carl Zeiss Oberkochen auf die Weiterentwicklung der Messsucher konzentrierte.
Erst 1953 kam mit der Contaflex die erste SLR aus schwäbischer Carl Zeiss Produktion auf den Markt, gefolgt von der berühmt-berüchtigten Contarex “Bullseye” oder “Cyclops” im Jahr 1958.
Berüchtigt für den (heutzutage) oft defekten Lichtmesser in Bullaugen-Form und berühmt für die vielleicht unverwüstlichste und robusteste Kamera, die je gebaut wurde. Allerdings schlug sich diese Haltbarkeit auch im Gewicht nieder: knapp 1kg brachte sie auf die Waage.
Neue Konkurrenz aus Japan
Zwischenzeitlich jedoch kam neue Konkurrenz auf den Markt. Japanische Firmen wie Nikon oder Pentax verbesserten ihre SLR Kameras stetig.
Die deutschen Produkte gerieten immer weiter ins Hintertreffen. Carl Zeiss Oberkochen entschied sich dem einfach Credo zu folgen: Wenn du sie nicht besiegen kannst, dann verbünde dich mit ihnen. So suchte Zeiss einen Partner mit Expertise im Kamerabau, um konkurrenzfähige Produkte auf den Markt zu bringen. Dieser wurde mit Yashica gefunden.
Zusammen mit F.A. Porsche Design wurden neue, zeitgemäße SLRs entworfen, wobei sich Carl Zeiss auf ihre Kernkompetenz konzentrierte, die Entwicklung und Produktion von erstklassigen Objektiven. Yashica übernahm die Herstellung der Kameras.
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Geheimprojekt 130
Zusammen arbeiteten die Firmen am sogenannten Projekt 130. Eine komplett neue Kamerlinie sollte entstehen. 1974 wurde dann der erste Fotoapparat dieses Bündnisses vorgestellt: Die Contax RTS (Real Time System), ein absolutes High-End-Gerät für die damalige Zeit.
Es folgte die Contax 139Q, eine etwas kleinere, eher für den Amateurmarkt konzipierte Kamera. Das Q stand dabei für Quartz, also einer quartzgesteuerten Kamera, wie sie die RTS schon war.
Der Volksmund sagt, aller guten Dinge seien drei. Demnach müsste die dritte Kamera der modernen Contax-Linie ja etwas Gutes sein. Sie hört auf den Namen Contax 137 MD Quartz*.
Technische Daten der Contax 137 MD
Bildformat | 24x36mm |
Objektivbajonett | Contax / Yashica (C/Y) |
Verschluss | Elektronisch gesteuerter, vertikal ablaufender Tuchschlitzverschluss mit Quarz Zeitsteuerung |
Verschlusszeiten | Halbstufenlos regelbar von LT (11 Sek.) bis 1/1000s im Automatikmodus + Bulb (manuell) |
Blitzsynchronisation | 1/60s |
elektronischer Selbstauslöser | Quartzgesteuerter, elektronischer Selbstauslöser (10 Sek.) mit blinkender LED |
Auslöser | Elektromagnetische “Real-Time” Auslösung (quarzgesteuert), Anschluss für Standard Fernauslöserkabel |
Belichtungssteuerung | Mittenbetonte, durchschnittliche Lichtmessung durch das Objektiv (TTL) bei Offenblende mit Hilfe des SPD-Sensors. |
Betriebsmodus | Ausschließlich Blendenpriorität, Ausnahmen: X-Sync + Bulb |
Empfindlichkeitsbereich | LW 0 bis 18 (ASA 100 mit f/1.4-Objektiv) |
Filmempfindlichkeitsbereich | ASA 12 bis 3200 |
Belichtungsmesssystem | Wird mit Ein/Ausschalter aktiviert |
Belichtungskorrektur | möglich von -2 bis +2, Rastet bei vollen Blenden ein, Zwischenstufen können jedoch ebenfalls genutzt werden |
Messwertspeicher | AE-Lock wird aktiviert, wenn Ein/Ausschalter eine Position weitergedreht wird |
Blitzbelichtungssteuerung | automatische Steuerung bei Verwendung des Contax TLA-Blitzes bei 1/60s, ansonsten manuell über X-Sync |
Sucher | silberbeschichteter Pentaprismensucher mit Schnittbildindikator / Mikroprismenring, 95% Abdeckung, Suchervergrößerung 0,86x (bei 50mm Objektiv) |
Sucheranzeige | LED Anzeige der Verschlussgeschwindigkeit + Über/Unterbelichtungsanzeige, Anzeige der Blitzstärkeneinstellung, Blendenskala, Bildzählwerk, LED zur Anzeige der Belichtungskorrektur, Bei AE-Lock blinkt die LED der Zeitenanzeige |
Filmtransport | vollautomatisch durch eingebauten Mikromotor |
Serienbildgeschwindigkeit | 2 Bilder pro Sekunde |
Bildzählwerk | je ein Zähler am Gehäuse und im Sucher |
Zubehörschuh | Hot-Shoe mit Mittenkontakt |
Kamerarückwand | mit Filmhalter, austauschbar gegen Datenrückwand |
Batterieprüfung | über Ein/Ausschalthebel möglich |
Stromversorgung | 4x 1,5V AA-Batterien (reicht für ca. 50 Rollen Film) |
Gewicht | 665g inkl. Batterien |
Maße (BxHxT) | 143mmx92,5mmx51mm |
Das Äußere der Contax 137 MD
Ich weiß nicht warum, aber irgendwie hat sie es mir angetan, die Contax 137MD Quartz. Eigentlich widerspricht es vielen Gegebenheiten, die ich dachte an einer Kamera zu mögen.
Aber fangen wir vorne an. Das Äußere der Contax 137 MD* ist fast komplett aus Plastik hergestellt. Die Ausnahme stellt das Batteriefach am Boden dar, welches, wie der Boden an einer Leica M, durch einen Drehhebel geöffnet wird.
Vorne am Prismengehäuse prangt der große Contax Schriftzug. Ansonsten findet sich auf der Vorderseite das LED für den Selbstauslöser und ein Anschluss für ein Blitzsync-Kabel.
Am Bajonettgehäuse ist außerdem der Entriegelungsknopf, ein Vorschauknopf für die Schärfentiefe und der Anschluss für den Fernauslöser angebracht. Das wars.
Wahrscheinlich fällt beim Gebrauchtkauf die verschlissene Belederung auf, die wohl charakteristisch für die Contax-Kameras ist. Ist die Belederung neu, ist sie wahrscheinlich ersetzt worden. Bei dem hier abgebildeten Modell habe ich einen Ersatz von Aki Asahi aus Japan angebracht.
Die Contax 137 MD in der Hand
Nimmt man die Kamera in die Hand, überrascht das Gewicht des Boliden. Ziemlich schwer für einen Plastikbomber. Aber das Gewicht spricht auch für die Kompaktheit und Verarbeitungsqualität im Innern.
Klar machen die 4 AA-Batterien, oder in meinem Fall 4 Akkus, gegenüber 2 Knopfzellen, wie in anderen Kameras, etwas aus, aber auch ohne Batterien wird es kein Leichtgewicht.
Trotzdem liegt die 137 MD* gut in der Hand. Alle Knöpfe und Schalter sind gut erreichbar und logisch beschrieben, sodass ein Blick in die Anleitung getrost entfallen kann.
Besonderheit Belichtungskorrektur
Auf der anderen Seite gibt es aber auch nicht so viele Knöpfe und Schalter. Da die Kamera nur einen Modus besitzt, nämlich Blendenvorwahl auch als A-Modus bekannt, entfällt schon mal ein Zeitenwahlrad.
Es kann höchstens noch Bulb oder die manuelle Blitzsync-Zeit von 1/60s eingestellt werden, mehr nicht. In den meisten Fällen bleibt das Moduswahlrad wohl auf “Auto”.
An gleicher Stelle, auf der linken Schulter der Kamera, ist auch das ISO-Wahlrad und, für damalige Zeiten etwas Besonderes, ein Belichtungskorrekturrad angebracht.
Hervorzuheben an der Belichtungskorrektur ist die Tatsache, dass nicht nur in ganzen Blenden korrigiert werden kann, sondern auch die Zwischenstufen, je nachdem wie weit man das Rad dreht, eingestellt werden können.
MD – MotorDrive
Auf der rechten Schulter findet sich der Ein-/Aussschalter, der gleichzeitig auch Batterietesthebel und AE-Lock Hebel ist. Außerdem ein Bildzählwerk und ein Umschalter von Einzelbild, auf Serienbild oder Selbstauslöser.
Eine Besonderheit gibt es auch auf dieser Seite, denn dadurch, dass der Boden der Kamera komplett als Batteriefach herhalten muss, ist der Entsperrhebel zum Filmrückspulen oben angebracht, unter einem kleinen abklappbaren Schutz, sodass er nicht versehentlich gedrückt wird.
Ein Filmtransporthebel entfällt, da ein Mikromotor diese Arbeit übernimmt. Daher auch der Name Contax 137 MD (MotorDrive)*. Rückspulen hingegen muss noch manuell stattfinden.
Alles in allem sehr logisch und vor allem intuitiv. Es macht wirklich Spaß mit der Kamera zu fotografieren. Irgendwie eine Mischung zwischen den Klassikern der 70er und den vollautomatischen Kameras der 90er. In diesem Fall, wie ich finde, eine gute Mischung.
Bedienung der Contax 137 MD
Vielleicht gefällt mir die Kamera einfach so gut, weil sie eine unheimlich günstige Gelegenheit darstellt, um Zeiss-Objektive zu benutzen.
In meinem Artikel über das C Biogon 35mm 2.8 ZM (Zum Artikel) für die Leica M hab ich bereits über die Qualität von Zeiss-Objektiven geschwärmt.
Vielleicht ist es aber auch die durchweg zackige und problemlose Bedienung der Kamera. Immerhin passiert alles in “Real-Time”.
Zu diesem schnörkellosen Erlebnis trägt auch der Sucher bei. Wer schon eins meiner anderen Reviews gelesen hat, weiß, dass ich auf möglichst große und helle Sucher stehe. Und genau solch einen bietet die Contax 137 MD*.
Äußerst aufgeräumt mit allen wichtigen Infos, genau wie man es sich wünscht. Zeiten rechts, Blende oben, Bildzählwerk links. Die 0,86-fache Vergrößerung macht das Fokussieren leicht.
Man könnte einen ganzen Film verschießen ohne das Auge vom Sucher nehmen zu müssen. Erstklassig!
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Mein Fazit – Ein Keeper!
Ich übertreibe nicht, wenn ich die Kamera dermaßen lobe. Mir kamen schon mehrfach die Gedanken mein Leica-Gerümpel (sorry!) zu verkaufen.
Ich könnte mir die ganzen tollen Zeiss Objektive zulegen und noch ein paar Contax 137 MD* auf Ersatz und wäre bis ans Lebensende froh. Auf der anderen Seite… eigentlich reicht mir ja ein gutes 50er.
Außerdem freut die Umwelt sich, genauso wie ich mich, wenn bei der Contax statt Batterien Akkus verwendet werden können. Geplant war ein Wiederverkauf der Contax, dieser ist allerdings erst mal aufgeschoben.
Neben der Leica M6 fehlte mir eh noch eine SLR, die mir gut gefällt. Bis auf Weiteres hab ich sie gefunden. Erstmal. Danke Contax! Hoffentlich kommt das G.A.S. nicht zu schnell wieder.
TR
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1 Comment
Schulze
14. April 2023 at 21:56Ich liebe diese Kamera CONTAX 137 MD so sehr habe derer 2 Stück und eine MA und kam letztlich noch zu einer neuen 139 und AX und 2 neuwertige 167 MT unglaubliche Kameras das Distagon 28mm 2,8 ist eine Wucht. Meine Leica M7 und R7 stehen in der Ecke schon seit einem Jahr.