SLR

Nikon EM: Die schockierende Wahrheit über Nikons Frauenbild

Ein Nikon EM Test / Review

Nikon EM
Nikon EM

Klein, leicht, elektronisch

Nikon war jeher als Hersteller zuverlässiger und robuster Kameras bekannt. Doch robust und zuverlässig war Ende der 1970er nicht mehr genug.

In dieser Zeit kamen weitere Must-haves auf die Wunschlisten der Amaterufotografen. Klein, leicht und elektronisch gesteuert sollten die Kameras sein.

Nachdem Nikon den Trend anfangs etwas verschlafen hatte, versuchten sie mit der Nikon EM* auf den fahrenden Zug der kleinen, elektronisch gesteuerten Kameras aufzuspringen. Schließlich wurde 1979 die Nikon EM* geboren.

Gegenlichtknopf Nikon EM
Gegenlichtknopf für +2EV

Geschichte der Nikon EM

Bereits um 1965 kamen die ersten elektronischen Kameras, damals noch mit analoger Technik ausgestattet, auf den Markt.

Um 1975 herum nutzten die Kamerahersteller immer mehr digitale Mikrocomputer, um den Kameraverschluss zu kontrollieren. Quarzgesteuerte Verschlüsse ersetzten ihre analogen Vorgänger.

Auch Nikon bot mit dem 1965 erschienenen Nikkormat EL eine erste elektronisch gesteuerte Kamera an. Mit knapp 800g war sie kein Leichtgewicht, entsprach aber vom Gewicht her den damaligen Kameras anderer Hersteller.

Olympus gibt die Richtung vor

Als im Jahre 1972 Olympus mit seiner M-1 auf den Markt kam, die nach Intervention durch Leica in OM-1 umgetauft werden musste, änderte sich einiges.

Viele Anhänger anderer Marken wollten ebenfalls eine solche kleine, leichte SLR. Ca. 500g brachte die OM-1 auf den Markt, ein erheblicher Unterschied zum Nikkormat EL.

Andere Hersteller folgten Olympus und zwei weitere Klassiker eroberten schließlich 1976 die Welt, die Canon AE1 und die Pentax K1000.

Nikon brachte in diesem Jahr lediglich den Nikkormat ELW auf den Markt – eine leicht upgedatete Version des EL. Aber immer noch weit weg von klein und leicht.

Batterietestknopf und Lämpchen Nikon EM
Batterietestknopf und Lämpchen

Mit dem Auge aufs Budget

So mussten bei Nikon neu gedachte und entwickelte Kameras her. Ergebnis waren die beiden Geschwister Nikon FE und FM.

Beide fanden Anklang bei den Nutzern und sind auch heute noch gefragte Modelle. Es gab weiterhin nur ein Problem: Beide Modelle waren etwas zu teuer und Kunden wollten das Gleiche, nur günstiger.

So kam es dann 1979 zum Auftritt der Nikon EM*.


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Zielgruppe? Oder das Frauenbild der 70er

“Just focus and shoot.” So lautete ein Werbeslogan zur Nikon EM im Erscheinungsjahr.

“Affordable and practically foolproof” lautete ein weiterer.

Auf der offiziellen Nikon Seite zur Nikon EM wird sie heute sogar noch als “SLR Camera for Women” bezeichnet.

Ob Nikon damit andeuten will, dass Frauen keine “richtigen Kameras” bedienen können oder wollen? Wer weiß das schon.

Meiner Erfahrung nach sollte es eher als “die Kamera für Männer” beworben werden. Und da fasse ich mich explizit an die eigene Nase: weniger Konzentration auf die technische Ausstattung, mehr auf das Bild.

Etwas, dass die Frauen meiner Erfahrung nach etwas besser hinbekommen als wir Männer. Aber ich drifte ab…

Technische Daten der Nikon EM

Bildformat35mm
ObjektivanschlussNikon F-Mount
VerschlussElektronisch gesteuerter, vertikal ablaufender Metallschlitzverschluss
Verschlusszeitenstufenlos von 1/100s0 bis 1s, 1/90s mechanisch gesteuert, Bulb Modus vorhanden
TransportSchnelltransporthebel mit 144° Schwung, mehrere kurze Schwünge möglich
SucherPentaprismensucher, 92% Abdeckung, 0,86x Vergrößerung
BelichtungsanzeigeVerschlusszeitenskala mit Anzeigenadel im Sucher
Einstellscheibeserienmäßig Einstellscheibe Typ K
Spiegelnicht feststellbar
SelbstauslöserÜber Hebel an der Front bis max. 10s einstellbar
Belichtungsmessungmittenbetonte Offenblendmessung
Messbereich2-18EV
BelichtungssignalWarnton, wenn Belichtungszeit < 1/1000s oder > 1/30s
Belichtungskorrektur+2EV, wenn Belichtungskorrekturtaste gedrückt wird
Stromversorgung2x 1,5V Silberoxidbatterien
Ein-/Ausschalten Belichtungsmesserbei Druck auf Auslöser wird der Belichtungsmesser eingeschaltet und bleibt einige Sekunden lang aktiviert
BatterieprüfungDurch Druck auf Batterieprüfknopf möglich
Filmempfindlichkeiteinstellbar von 25 – 1600 ASA
Bildzählwerkzählt bis 36, springt automatisch wieder zurück, wenn Rückwand geöffnet wird
Rückspulungerfolgt manuell über Rückspulhebel
BlitzsynchronisierungBlitzschuh mit Mittenkontakt, Bei Nikon SB-E Blitzen: automatische Einstellung 1/90s, bei anderen Blitzen muss M90 selbst gewählt werden
Motoranschlussvorhanden für Motorantrieb MD-E
Maße (B/H/T)135mm x 86mm x 54mm
Gewicht460g (nur Gehäuse)
Auslöser Nikon EM
Auslöser

Das Äußere

Komplett in schwarz kommt sie daher, die Nikon EM*.

Auch wenn sie die günstigste Alternative unter den Nikon Kameras werden sollte, so hat man doch einen bekannten Namen als Designer engagiert: Giorgetto Giugiaro – Designer Ikone von Autos wie dem Lotus Esprit über einen DeLorean DMC-12 bis hin zum ersten VW Golf.

Aber auch Fotoapparate wurden von ihm entworfen: Nikon F3 und F4 beispielweise – und die Nikon EM.

Die Bedienelemente der Nikon EM

Schön sieht sie schon aus. Professionelles schwarz mit nur den nötigsten Markierungen.

Von vorne springt einem natürlich der Nikon-Schriftzug ins Auge, ebenso das EM- Symbol auf dem Sucher. Ansonsten sind nur der Selbstauslöser, die Markierung zum Ansetzen des Objektivs und die +2EV Gegenlichttaste farbig abgehoben.

Warum allerdings dieses schnöde Plastik-Blau bei der Gegenlichttaste verwendet wurde bleibt wohl ein Geheimnis.

Ansonsten macht die Kombination weiß auf schwarz einen sehr guten Eindruck. Die Oberseite hat etwas mehr Farbe abbekommen.

Neben dem blauen Batterietestknopf, der roten Batteriestatus Anzeige und der grünen AUTO Beschriftung am Moduswahlhebel heben sich ansonsten noch der Rückspulhebel, der Auslöser und die beiden anderen Modi “B” und “M90” farbig ab.

Belichtungsmodi Nikon EM
Auto, M90 und Bulb

Einfach und gut

Die Bedienung der einzelnen Elemente gestaltet sich nach gewohntem Muster.

Durch Anheben des Rückspulknopfes öffnet sich die Rückseite, um Filme einzulegen oder rauszunehmen.

Wenn man den Ring um den Rückspulknopf anhebt, kann man dadurch die Filmempfindlichkeit verstellen. Von 25 ASA bis 1600 ASA ist alles drin.

Auf der gegenüberliegenden Seite ist vergleichsweise wenig einzustellen. Hat man die Batterie gecheckt und sich für einen Modus entschieden, üblicherweise AUTO, so bleibt einem nur noch das Spannen und Auslösen, mehr nicht.

Getreu dem Motto: geeignet für Einsteiger. Positiv hervorzuheben ist der Spannhebel insofern, dass er an- und abgeklappt werden kann, je nachdem ob die Kamera gerade transportiert wird oder darauf wartet benutzt zu werden.


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Die Haptik der Nikon EM

In der Hand macht die Nikon EM* eine gemischte Figur.

Mir gefällt das geringe Gewicht der Kamera sehr gut, vorausgesetzt natürlich, man schraubt keine High-End-Tele-Zooms oder ähnliches dran. Mit den üblichen 50mm oder 35mm Objektiven z. B. liegt sie jedenfalls gut ausbalanciert in der Hand.

Weniger taktile Freuden löst die Belederung aus, wobei man von Leder nicht mehr sprechen sollte. Plastik in Lederoptik trifft es besser.

Nun gut, andere Hersteller nehmen sogar die Illusion von Leder und haben von vornherein eine Plastikoptik.

Die Budgetstreichungen bei den Kameraherstellern in den 80ern und kommenden 90ern warfen auch hier ihre Schatten voraus.

Unterseite Nikon EM
Batteriefach, Motorkupplung und Stativgewinde

Kosteneinsparungen? Nicht überall

Durch Massenfertigung und Kosteneinsparung sollte ein möglichst attraktiver Preispunkt für die Nikon EM* erzielt werden. Im krassen Gegensatz dazu steht wohl die Entwicklung eines komplett neuen Windemechanismus.

Das Designteam entwickelte einen komplett neuen Mechanismus, der voraussetzte, dass sich der Filmtransporthebel zwischen den Transportzahnrädern, die sich in die Perforation des Films einklinken, und der Aufwickelspule befindet.

Vorteil dieser Konstruktion ist es, dass der Film in kleinen Schritten weitertransportiert werden kann.

Die dadurch entstandene, komplexe Konstruktion wurde mit folgendem Satz des Designteam-Chefs begründet: “Ich mag halt keine Kameras, die den Film nicht in kleinen Schritten weitertransportieren können.”

Es waren eben doch noch die 70er und nicht die 90er.

offenes Backplate

Ein Blick durch den Sucher der Nikon EM

Das Sucherbild der EM* hingegen ist mehr als ordentlich. 92% Abdeckung bei 0,86-facher Vergrößerung sind gute Werte, von der heute Kameras träumen.

Leider ist noch die ursprüngliche K-Mattscheibe eingebaut und nicht die etwas hellere Version K2. Aber nichtsdestotrotz erhält man ein sauberes, großes Sucherbild.

Mit Schnittbildindikator und Prismenring bekommt man die damalige Standardkost. Auf der linken Seite im sehr aufgeräumten Sucher befindet sich die Nadel, die die Verschlusszeit anzeigt.

Neben einem roten Bereich für Über- als auch Unterbelichtung findet man eine kleine Indizierung der Blitzsynchronzeit von 1/90s. Ansonsten bewegt sich die Nadel frei von 1s bis 1/1000s.

Sucherdurchblick Nikon EM
Der Sucher der Nikon EM

Die Blendenvorwahl

Da die Nikon mit der EM* eine Kamera mit reiner Blendenvorwahl konstruiert hat, dienst die Anzeige im Sucher auch lediglich der Überprüfung der Verschlussgeschwindigkeit. Weiteres Einstellen erfolgt dann natürlich über die Blende am Objektiv.

Wer sowieso am liebsten im A-Modus fotografiert, wird sich direkt zuhause fühlen mit einer aufs Wesentliche reduzierten Bedienung. Für alle anderen fühlt sich die Kamera arg beschnitten an. Ausnahmen zur Blendenvorwahl sind natürlich die manuelle Blitzsync-Zeit und Bulb.

Wahlrad Nikon EM
ISO Wahlrad

Fazit zur Nikon EM

Insgesamt stellt die EM* einen Vorstoß Nikons in das Segment der kleinen, leichten und preisgünstigen Kameras dar.

Wer mit einem etwas plastikmäßigen Anfassgefühl und einer Beschränkung auf den A-Modus leben kann, findet dennoch eine echte Nikon.

Ebenso wie eine F3 oder FM3A kann sie die schönsten F-Mount Objektive aufnehmen und in der Hand eines guten Fotografen wird sie nicht enttäuschen.

Wer etwas mehr Nimbus haben will, greift nicht zur Nikon EM. Glanzvolle Historie gibt es mit der F und ihren Nachfolgern. Allerdings muss dafür auch tiefer in die Tasche gegriffen werden.

Eine Nikon EM* gibt es im guten Zustand schon für 30€. Der Gebrauchtkäufer sollte am besten checken, ob neuralgische Punkte, wie z. B. die Nadel im Sucher noch funktionieren.

Für jemanden, der eine budgetfreundliche Nikon sucht und sich mit dem A-Modus zufrieden gibt, eine absolute Empfehlung. Alle anderen sollten sich woanders umschauen.

TR

Kamerakult

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1 Comment

  • Reply
    Ralf
    5. Juli 2023 at 20:47

    Zum kleinen blauen Knopf: die Nikon EM gab es auch mit einem Metallknopf. Ich vermute, der blaue war aus einer der ersten Baureihen, aber ich kann echt nicht mit Sicherheit sagen, was zuerst da war: blau oder silber.

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